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Verleihung des Gisela-Elsner-Literaturpreises

Nino Haratischwili am 02. Mai 2023. Foto: Michael Hehl.

Heute vor einem Monat, am 02. Mai 2023 wurde der Gisela-Elsner-Literaturpreis zum zweiten Mal verliehen. Zeit für einen Rückblick:

Was verbindet die 1937 in Nürnberg geborene und 1992 in München gestorbenen Autorin Gisela Elsner mit der diesjährigen Preisträgerin Nino Haratischwili?

Da ist zunächst eine ganz banale Verbindung: Nino Haratischwilis Debütroman „Juja“ erschien 2010 im Berliner Verbrecher Verlag, dem Verlag, in dem von 2002 bis 2020 eine Neuausgabe verschiedener Werke Gisela Elsners erschien. Der Erstling Haratischwili schaffte es sofort auf die Longlist des Deutschen Buchpreises. Damit war ihr der Durchbruch und die Anerkennung als Prosaautorin gelungen.

Was Nino Haratischwili als Autorin mit Gisela Elsner teilt, ist das Schreiben jenseits literarischer Moden, die Suche nach einem eigenen poetischen Stil und einer eigenen Sprache. Das ist bei Elsner eine satirische Schreibweise, die mit der „ohnehin sattsam geschundenen Muttersprache bedenkenlos Schindluder“ treibt, bei Haratischwili die ganz eigene starke poetische Sprache mit „Sätzen, die wie Bonbons gelutscht“ werden können. Zudem zeichnet beide Autorinnen ein Gefühl der Fremdheit, der Befremdung des Vertrauten aus, das sich bei Nino Haratischwili im Leben zwischen zwei Kulturen – Georgien und Deutschland – und dem Schreiben in einer eigenen, aber zugleich fremden Sprache äußert.

Aber es gibt auch eine bedeutende thematische Verbindung: Beide Autorinnen widmen sich in ihren Romanen den großen Diktaturen des 20. Jahrhunderts, ihren Protagonisten und deren Opfern, aber auch den unzähligen Mitläuferinnen und Mitläufern, die von den Systemen profitiert haben. Bei Gisela Elsner ist es die unerbittliche Auseinandersetzung mit den Folgen des Nationalsozialismus in der Bundesrepublik Deutschland, bei Nino Haratischwili die Darstellung der Auswirkungen der sowjetischen Gewaltherrschaft Stalins und seiner Nachfolger.

Bemerkenswert ist zudem die Tatsache, dass beide Autorinnen es explizit ablehnen, sich in ihren literarischen Werken mit sich selbst zu beschäftigen. Gisela Elsner konstatierte in einem Interview von 1984:  „Wenn ich am Schreibtisch sitze, interessiere ich mich nicht für mich; ich bin für mich kein Thema meiner Arbeit.“ „Ich eigne mich nämlich nicht für eine Romanfigur in meiner Art von Romanen.“ (1987)

Ähnlich äußerte sich Nino Haratischwili in einem Interview 2010: „Der Schriftsteller Daniel Kehlmann sagt, er ist froh, sich nicht mit sich selbst beschäftigen zu müssen, er könne lügen, spielen, verführen. So geht´s mir auch. Das ist manchmal echt befreiend.“

Auszug aus der Laudatio von Dr. Christine Künzel

Anlässlich des Gisela-Elsner-Literaturpreises fand zudem ein Interview von Dr. Christine Künzel beim Bayerischen Rundfunk statt, welches hier zu hören ist:

Weitere Informationen zur Preisverleihung finden sich auf der Homepage des Literaturhaus Nürnberg:

https://literaturhaus-nuernberg.de/gisela-elsner-literaturpreis/rueckblick-verleihung-des-gisela-elsner-literaturpreises-an-nino-haratischwili-2-5-2023

Veröffentlichungen zum 30.Todestag von Gisela Elsner: „unsere zeit“ und „JACOBIN“

Am 13. Mai 2022 jährte sich der Todestag von Gisela Elsner zum 30. Mal.

In gleich zwei Veröffentlichungen nahm man sich dies zum Anlass, an Gisela Elsner, ihre Person und ihr Wirken zu erinnern:

„… merken aber darf sich der organisierte Kommunismus, dem sie eine wertvolle Verbündete war, dass Gisela Elsner niemals einen einzigen Schritt aus Opportunismus getan hat. Ihre Sicht blieb klar; …“, schreibt etwas Dietmar Dath in „unsere zeit“, der sozialistischen Wochenzeitung der DKP.

Den gesamten Artikel können Sie hier einsehen: https://www.unsere-zeit.de/unbeugsames-nachleben-168903/

„Es gilt zu hoffen, dass die minutiöse Beobachterin der bundesrepublikanischen Verhältnisse weiterhin aus ihrem »literarischen Ghetto« befreit und gelesen, erforscht und besprochen wird“, beschließt Louisa Meier im JACOBIN Magazine.

Diesen Artikel können Sie hier vollständig lesen: https://jacobin.de/artikel/gisela-elsner-die-vergessene-kommunistische-literatin-der-bundesrepublik-roland-m-schernikau-elfriede-jelinek-heilig-blut-riesenzwerge/?fbclid=IwAR0nKR0ezTJuX__RVuid1oTobY6PBlAHtHmSphQKNiKCxMMc033hWma_qoU

Erstmalige Verleihung des Gisela-Elsner-Literaturpreises

Der Literaturhaus Nürnberg e.V., hat sich personell neu formiert und inhaltlich neu ausgerichtet. Zur Förderung des literarischen Lebens in der Stadt und darüber hinaus hat der rein ehrenamtlich organisierte Verein einen mit 10.000 € dotierten Preis ins Leben gerufen, der an die großartige, unbequeme, in Nürnberg geborene Schriftstellerin Gisela Elsner (1937-1992) erinnert.

Verliehen wird der Gisela-Elsner-Literarutpreis erstmals am 10. Juli 2021 um 19 Uhr im Literaturhaus Nürnberg.

Zur ersten Preisverleihung hat Gisela Elsners Freundin, die Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek, einen sehr persönlichen Text verfasst:

Eine Frau springt aus einem Fenster. Die Luft war ihr kein Gegner mehr, man konnte sie mit dem eigenen Körper durchschneiden, wie ein heißes Messer (das Gisela war) die Butter durchschneidet. Oder, so hat es begonnen: Alles, was sie umgab, ja, auch die Luft, war ihr Gegner. Vor lauter Gegnern sieht man die Freunde nicht mehr, die sich ohnedies schon lang nicht mehr versammelt haben. Gisela Elsner hat mich als ihre Freundin bezeichnet, worauf ich stolz bin, doch ich habe mich nicht bewährt. Nicht bewehrt war diese Frau gegen die Luft, die zu einer Art Gallerte geworden war, nicht mehr zu durchdringen, jeder Millimeter Luft nur mehr unter Einsatz des eigenen Körpers, wenn man sich in diesen zähen Brei überhaupt hineinwagt. Dann ist es, wie in Aspik zu schwimmen, denn wenn alle Gegner geworden sind, dann ist da niemand mehr, den man noch angreifen kann. Nachdem man selber schon alles, was einen umgibt, in der Hand gehabt, angesehen und verworfen hat, dann ist man selbst verworfen, so wie der Computer einen fragt, ob man einen Text behalten oder verwerfen möchte. Gisela wollte ihre Texte den Menschen vorwerfen, und sie hat geschrieben, was sie den Menschen vorzuwerfen hatte. Als sie es dann bekamen, schienen sie es nicht zu wollen. Sie haben es nie gewollt. Zartfühlig, wie sie es waren, zeigten sie sich überaus erleichtert darüber, daß man es ihnen nicht zumutete, den Vertilgungen (von Ungeziefer, das die Menschen sind, weil man sie so behandelt hat, weil man sie getötet hat, bis ihnen die mit Giftpulver vermengte Luft in den Vertilgungsräumen den Atem nahm) beizuwohnen. Diese Stelle ist ein ins leichter Zumutbare abgewandeltes Zitat aus Giselas Roman „Otto der Großaktionär“. Spurlos wie totes Ungeziefer sollen Menschen also verschwinden und sind auch verschwunden. Man kann nichts andres sagen, aber man sagt ja immer was, ununterbrochen, sodaß man im Grunde nichts mehr sagt. Spurlos wird Gisela Elsner jetzt nicht mehr verschwinden können, denn es ist ein Literaturpreis ihr gewidmet, der den Gewinner, die Gewinnerin zumindest für eine Weile nicht verschwinden lassen wird, sondern hervorhebt. Das freut mich sehr für meine verstorbene Freundin Gisela Elsner. Und für die kommenden Preisträgerinnen und Preisträger. Ich gratuliere. Sie sollen ein Leben haben und diesen schönen Preis dazu, der sie an eine Schriftstellerin erinnern soll, die nicht verschwinden darf.

Elfriede Jelinek

Die Jury hat Natascha Wodin den 1. Gisela-Elsner-Literaturpreis zuerkannt. Geboren in Fürth als Kind von russischen Zwangsarbeitern, verbrachte Wodin ihre Kindheit unter bedrückenden Verhältnissen in Nürnberg und Forchheim. Jahre später kehrte die Autorin nach Nürnberg zurück und wohnte hier einige Zeit mit ihrem damaligen Ehemann, dem Dichter Wolfgang Hilbig, ehe sie sich in Berlin niederließ.

Nicht in erster Linie die biografischen Bezüge zur Region waren jedoch für die Entscheidung der Jury ausschlaggebend, sondern Natascha Wodins vielschichtiges, sprachlich brillantes Werk, das sie immer wieder zu den Themen Entwurzelung und Heimat, komplexen menschlichen Beziehungen und den deutschen und europäischen Zeitläuften widmet.

Auszug aus der Jurybegründung:

„Das Werk der 1945 in Fürth als Kind russischer Zwangsarbeiter geborenen Natascha Wodin steht beispielhaft für das Nachdenken über die Verwerfungen der europäischen Nachkriegsepoche. Zugleich durchleuchtet es mit großer sprachlicher Sensibilität und skrupulöser, bisweilen zärtlicher Distanz die Probleme menschlicher Beziehungen bis hinein in ihre schmerzhaften Abhängigkeiten und düsteren Abgründe. Darüber hinaus sind ihre Romane wie „Sie kam aus Mariupol“, „Irgendwo in diesem Dunkel“, „Nachtgeschwister“ oder „Die gläserne Stadt“ ein Plädoyer für einen genaueren Blick auf die Außenseiter der Gesellschaft und deren Schicksale.“

Die Laudatio auf Natascha Wodin wird der Autor und Journalist Jörg Magenau halten.

Der Gisela-Elsner-Literaturpreis des Literaturhaus Nürnberg e.V. soll alle zwei Jahre verliehen werden, normalerweise an Elsners Geburtstag, dem 2. Mai. 

Weitere Infos beim Literaturhaus Nürnberg e.V.: https://literaturhaus-nuernberg.de/gisela-elsner-literaturpreis

Münchner Kammerspiele: „Der Sprung vom Elfenbeinturm“ Premiere am 5. Juni 2021

Der Sprung vom Elfenbeinturm“

Nach Texten von Gisela Elsner

Ein Abend gegen deine spießbürgerlichen Phantasien, deine Lebenslügen und deine Kompromisse

Premiere am 5. Juni 2021 um 19.30 Uhr,Münchner Kammerspiele 

TICKETS HIER BESTELLEN

Fassung: Pınar Karabulut und Mehdi Moradpour

Regie: Pınar Karabulut

„In Gisela Elsners Werken spielen Schrauben und Sexspielzeuge genauso eine Rolle wie groteske Essrituale, Wölfe oder Kinder, die Bomben lieben und ein KZ errichten. Mit sezierenden Blicken und sprachlicher Überhöhung erkundet die Satirikerin Untiefen der Nachkriegszeit und der Bundesrepublik vor 1990, die auch unsere Gegenwart prägen: faschistisches Denken, Geschichtsverdrängung, maßloses Wachstum, hierarchische Geschlechterverhältnisse und soziale Ungleichheit. Regisseurin Pınar Karabulut, die auf feinfühliges und kritisch-innovatives Theater setzt, inszeniert einen Abend mit Texten einer Autorin, die stets die Normalität anklagte, und sich nach dem Scheitern des Kommunismus 1992 in München in den Freitod stürzte.“

Quelle: https://www.muenchner-kammerspiele.de/de/programm/45-der-sprung-vom-elfenbeinturm

TICKETS HIER BESTELLEN

Vernissage und Ausstellung: „Berührungsverbote – Annäherung an Gisela E“

Online-Doppelvernissage Gefühle (r)aus! Glocal Emotions & Berührungsverbote – Annäherung an Gisela E

Freitag, 07.05.2021, 20:00 – 22:00 UhrGalerie Adlergasse im Kultur Forum – Wachsbleichstraße 4a, EG, 01067 Dresden
Runde Ecke – Adlergasse 12/Ecke Wachsbleichstraße, 01067 Dresden

riesa efau eröffnet am 7. Mai, um 20 Uhr die Ausstellung, mit der Möglichkeit, online dabei zu sein. Per Livestream auf dem youtube-Kanal (riesa efau). Im Anschluss geht es via zoom zu Gesprächen und Rundgängen durch die Ausstellungen. Livestream: www.youtube.com/watch?v=CDlVbGSVy_0

In der Galerie Adlergasse und Runde Ecke in Dresden empfangen die Kurator*innen Michael Klipphahn und Karen Packebusch und eröffnen die Ausstellung: Berührungsverbote – Annäherung an Gisela E. Dr. Christine Künzel, Vorsitzende der Internationalen Gisela Elsner Gesellschaft, wird ebenfalls zugeschalten sein.

Nach den gemeinsamen Einführungen sind Sie herzlich zu einem Gang durch die Ausstellungen mittels zoom einladen. Dafür werden die vier Kurator*innen zu den einzelnen Arbeiten gehen.

Zugang zu Zoom:

https://zoom.us/j/96718742422?pwd=dmpvdXBvLzZHdENYYm5RVmFiYVNEUT09

Meeting-ID: 967 1874 2422
Kenncode: 452862

— Die Schriftstellerin Gisela Elsner (1937-1992) bildet das Zentrum dieses außergewöhnlichen Ausstellungsprojektes – eine Autorin, die das eigene Land, die BRD, stets als Fremde wahrgenommen hat, daher auch ihr satirischer und unerbittlicher Blick, mit dem sie die Rituale des Klein- und Großbürgertums sezierte.

In der Auseinandersetzung mit einzelnen Facetten der Autorin versuchen die beteiligten Künstler*innen, sich dem Werk und der Person Gisela Elsners anzunähern. Durch diese Setzung konfrontieren sich die Künstler*innen mit Fragen, mit denen auch die Nachkriegsgeneration, wenn auch aus anderen Gründen, konfrontiert gewesen ist: dem Wegfall des Systems der Elterngeneration, Entgrenzungsdrang entgegen starrer Konformitätenlogik und der Suche nach einer Reibungsfläche, die in einer marktfundamentalistischen Gesellschaft ihre Entsprechung gefunden hat. Dieses Ankämpfen lässt sich auch mit Elsners radikaler Abkehr von der Selbstzufriedenheit der Wirtschaftswundergeneration, ihrer Flucht vor tradierten Beziehungsmodellen und der Wut auf den spießigen Muff der Nachkriegsgesellschaft in Einklang bringen.

Die Werke der Künstler*innen treffen nun zusammen auf ausgewählte Texte der Autorin und Exponate zu ihrer Person und werfen in dieser Zusammenstellung neue Fragen auf: Welche neuen Interpretationshorizonte ergeben sich aus der intermedialen Konfrontation dieser Texte und Bilder? Welche Formen der ästhetischen Erfahrung bzw. Erkenntnis eröffnen sich in diesem intermedialen Diskurs? Welche Gedanken, Ansätze und Analysen dieser frühen feministischen und kapitalismuskritischen Stimme der BRD bieten Schnittstellen oder Anknüpfungspunkte für die Gegenwartskunst?

Künstler*innen Robert Brandes, Maja Gratzfeld, Max Kowalewski, Michael Klipphahn, Alex Lebus, Lilli Loge, Karen Packebusch, Johanna Rüggen, Robert Vanis, Susan Donath, Maria Schwerdtner und Lutz Fleischer

kuratiert von Michael Klipphahn, Karen Packebusch und Dr. Christine Künzel
in Kooperation mit der Internationalen Gisela Elsner Gesellschaft und Denise Ackermann/ riesa efau. Kultur Forum Dresden

‣  Vernissage Fr 7.5. ‣ 20 Uhr
‣  Ausstellungsdauer 7.5. –11.7.2021
‣  Öffnungszeiten Mi, Do, Fr 16-19 Uhr, Sa & So 14-18 Uhr
‣  Eintritt 4/3 €, Freitag Eintritt frei (Kombiticket 6/4 € inkl. der Ausstellung in der Motorenhalle)

Online Lesung: Fliegeralarm

https://www.facebook.com/events/931952277625831/

Am 11.2 2021 um 20.00 Uhr gibt es eine Online-Lesung in Kooperation mit riesa efau im Rahmen der gemeinsame Aktionen Dresdner Kultureinrichtungen / Initiative #weltoffenesdresden (#wod) zur „Woche des Erinnerns“ vom 8.-15. Februar 2021.

Eine Gruppe von Kindern blüht in den Trümmerlandschaften, die die Bombenangriffe in den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges hinterlassen haben, regelrecht auf. Es ist für sie ein neuer Abenteuerspielplatz, auf dem sie im Spiel in makaberer Weise die Prinzipien und Strukturen des NS-Staates imitieren. Eine rabenschwarze Satire stellt Gisela Elsners Roman „Fliegeralarm“ dar, den sie in nur acht Tagen und Nächten geschrieben hat. Eine Gruppe von fünfjährigen Kindern erprobt im Kleinen den totalen Staat verbunden mit allen Konsequenzen.

In Auszügen live gelesen von Katharina Behrens und Ulli Wenzke schauen wir in „Fliegeralarm“ hinein.

Es ist der letzte zu Lebzeiten erschienene Roman von Gisela Elsner, die damit bereits 1989 einen Beitrag zu der erst zehn Jahre später einsetzenden Debatte um den Bombenkrieg in der deutschsprachigen Literatur leistete.

Die Herausgeberin Christine Künzel hat den Text auf der Grundlage des Typoskriptes letzter Hand überprüft und wird vor der Lesung ein kurze Einführung in den Roman, sowie in die Debatte um das Buch geben.

Zugang zur Veranstaltung über https://www.facebook.com/events/931952277625831/

#femaleheritage Blogparade: Beitrag zu Gisela Elsner

Gemeinsam mit LeserInnen und AutorInnen möchte die Münchner Stadtbibliothek mit der Bloparade „#femaleheritage“ Frauen in der Erinnerungskultur präsenter machen und das Bewusstsein für ihr Werk und ihr Wirken stärken. Dabei sollen deren Leistungen und ihre Bedeutung für die Gesellschaft in den Fokus rücken, die gängigen, binären und polarisierenden Weiblichkeits- und Männlichkeitsklischees jedoch außer Acht bleiben.

Dr. Christine Künzel hat zu diesem Anlass einen Beitrag über Gisela Elsner verfasst, „Gisela Elsner (1937 – 1992) – Radikalsatirikerin, Radikalfeministin, Radikalkommunistin“:

„Es ist wohl kaum eine Autorin (vielleicht noch Elfriede Jelinek) mit einer derartigen Häme und Verachtung verfolgt worden wie Gisela Elsner. Von der Literaturkritik wurde sie womöglich deshalb mit einem unvergleichlichen Hass verfolgt, weil sie eine Grenze überschritten hatte, indem sie sich einer Schreibweise verschrieb, die in ihrem aggressiven Gestus bis heute nicht nur heftig umstritten, sondern immer noch weitgehend ‚männlich‘ konnotiert ist: der Satire.“

Lesen Sie den gesamten Blogartikel hier: https://blog.muenchner-stadtbibliothek.de/gisela-elsner-satirikerin-feministin-kommunistin-femaleheritage/

Teilen Sie den Beitrag gerne via E-Mail oder in den Sozialen Medien.

Mehr zur Blogparade „#femaleheritage“: https://blog.muenchner-stadtbibliothek.de/frauen-und-erinnerungskultur-blogparade-femaleheritage/

„Das Berührungsverbot“: Neuauflage zum 50. Jubiläum der Veröffentlichung

DAS BERÜHRUNGSVERBOT
Verbrecher Verlag Berlin
Broschur, 248 Seiten
Preis: 16,00 €
ISBN: 9783957324252

„Gisela Elsner […] versammelt einen Freundeskreis von Durchschnittstypen, Stammtischbrüder und Gehaltsempfänger samt den Ehehälften, zu verdrossenen, hausbackenen Orgien“, kündigt der Spiegel im September 1970 die Neuerscheinung von Elsners Roman „Das Berührungsverbot“ an und ergänzt ganz richtig: „[…] Kleintragödien […] sind Gisela Elsners Stärke.“

Anlässlich des 50. Jahrestages der Erstveröffentlichung erscheint „Das Berührungsverbot“ nun in einer Neuauflage des Berliner Verbrecher Verlags mit einem Nachwort von Veronika Kracher. 

Konzipiert als Anti-Porno nimmt Gisela Elsner in der bissigen Satire die – nicht ganz so freie – sexuelle Befreiung der 68er Generation unter die Lupe. Nicht ohne Aufsehen: Im Erscheinungsjahr wurde der Roman in Österreich als jugendgefährdend eingestuft, während man im Nachbarland Schweiz eine Zeitschrift konfiszierte, die Textauszüge abdruckte. 

Im Roman wollen mehrere Paare sich im sogenannten Gruppensex üben, um der Spießigkeit ihres bisherigen Lebens zu entfliehen. Doch der Ausbruch, der nie einer war, endet mit einer Bestrafungsaktion.

Katharina Rutschky schrieb in der Frankfurter Rundschau: „Ist Gisela Elsner mit ihrer ungebändigten Lust an der Groteske und ihrem Insistieren auf einem apsychologischen Konstruktivismus nicht eine ältere Schwester von Elfriede Jelinek, die mit dieser Methode und teilweise vergleichbaren Inhalten bis heute erfolgreich ist?“

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Reiseseminar: Zeit zum Denken & für Satire in der Sächsischen Schweiz

Freitag – Sonntag, 25.09. – 27.09.2020, 16:00 – 17:00 Uhr

„Was darf Satire? Alles.“ Kurt Tucholskys Statement ist legendär und man kann es gegenwärtig immer wieder lesen. Was ist das besondere der Satire? Als literarisches Verfahren kann sie etwas leisten, was Angehörigen einer sozialen und/ oder ethnischen Gemeinschaft so schwer fällt: aus einer gewissen Distanz heraus eine alternative (andere, fremde, ungewohnte) Perspektive zu gewinnen, die für die kulturelle Selbsteinschätzung einer sozialen Gemeinschaft oder Gruppe von zentraler Bedeutung ist.

Im Reiseseminar: Zeit zum Denken & für Satire. Zur Aktualität der Werke der Satirikerin Gisela Elsner (1937-1992)
in der Sächsischen Schweiz, Wehlen
setzen wir uns mit literarischer Satire auseinander, exemplarisch mit dem Werk Gisela Elsners vor dem Hintergrund deutscher Nachkriegsgeschichte sowie der Geschlechterfrage.

Die Festschreibung der Frau auf das „andere Geschlecht“ (Simone de Beauvoir) und die dadurch bedingte paradoxe Situation des Teilhabens an und zugleich Ausgeschlossenseins von der Kultur führen zu Widersprüchen, die sich auch in den Werken weiblicher Autoren niederschlagen. Gemeinsam werden wir Auszüge aus Elsners Werk betrachten und über den Reflexionsraum, ggf. auch Aktionsraum diskutieren, den Satire bzw. künstlerisch-satirische Formate bieten können.

Ist Satire ein wirksames Mittel gesellschaftspolitischer Kritik? Kann Satire eine Annäherung an Politik bzw. gar Erkenntnis über politische Prozesse leisten? Oder handelt es sich schlicht um ein willkommenes Ventil für verbale Aggressionen?

Unterbringung in Mehrbettzimmern im Ferienhaus Wehlen

Teilnahmebeitrag trägt zu ⅔ zur Gesamtfinanzierung des Seminars bei.

Verpflegung wir werden gemeinsam kochen

Leitung PD Dr. Christine Künzel, Literaturwissenschaftlerin (Vorsitzende Internationale Gisela Elsner Gesellschaft) und weiter.

Kosten: 20 Euro

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Gisela Elsner im Brecht Jahrbuch 43 (2018)

Zusammen mit dem Literaturforum im Brecht-Haus lud die Internationale Gisela Elsner Gesellschaft e.V. im September 2017 zum Symposium „V-Effekte und andere Versuche, die Wirklichkeit zu bewältigen“ nach Berlin ein.

Einige der spannenden Beiträge zur dramaturgischen und stilistischen Verwandtschaft von Brecht und Elsner finden sich nun zum Nachlesen in einer bedeutenden Publikation wieder:

The Brecht Yearbook / Das Brecht Jahrbuch 43, erschienen im November 2018, präsentiert je einen Beitrag von Dr. Christine Künzel, Carsten Mindt, Judith Niehaus und Sebastian Schuller. Das Inhaltsverzeichnis und die Abstracts zu den jeweiligen Beiträgen können Sie hier einsehen:

Brecht Jahrbuch 43 | Brecht und Gisela Elsner

Weitere Informationen: http://www.brechtsociety.org/media/brecht_yearbook

Impressionen und Berichte des Symposiums 2017: https://www.giselaelsner.de/rueckblick-symposium-zu-gisela-elsner-und-bertolt-brecht/